Über den Parlamentsspiegel

Aufgaben und Organisation

Seit 1964 ist der Parlamentsspiegel als übergreifende Aufgabe beim Landtag NRW angesiedelt. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich Aufgaben und Arbeitsweisen erheblich verändert. Heute ist der Parlamentsspiegel ein integriertes Informationssystem, das im Internet bereitgestellt wird. Die Redaktion hat u.a. zur Aufgabe, die laufenden Datenimporte zu überprüfen und das Internetangebot weiter zu entwickeln. In jährlichen Redaktionssitzungen werden Arbeitsvorhaben und Planungen mit den Dokumentationen der Landtage abgestimmt.

Kernaufgabe der Parlamentsdokumentationen insgesamt ist es, „durch die Bereitstellung von Informationen für die Parlamentarier sowie für die an der parlamentarischen Diskussion beteiligte Öffentlichkeit, gute Voraussetzungen für eine begründete und wohl durchdachte Entscheidungsfindung zu schaffen“ (Vorwort des Jahresregisters, 26. Jahrgang, 1985). In Ergänzung zu den spezialisierten Rechercheangeboten der Landtagsdokumentationen bietet der Parlamentsspiegel die Möglichkeit zur übergreifenden Recherche. Er ermöglicht damit vergleichende Betrachtungen, die sonst nur mit einem hohen Aufwand realisiert werden könnten.

„Der Parlamentsspiegel ist Produkt und Beleg eines funktionierenden, lebendigen parlamentarisch-föderalen Systems. Er sollte es, auch und gerade nach der Stärkung der Länderparlamente durch die Föderalismusreform des Jahres 2006, bleiben.“ (Wolfgang Gärtner, Parlamentsspiegel im Wandel, S. 397)


Dokumentenbasis

Für den Zeitraum von 1957 bis 1979 stehen die Erschließungsdaten der damaligen Zentraldokumentation Parlamentsspiegel vor Ort in den Parlamenten und auch in verschiedenen Bibliotheken in Form gebundener Jahresregister zur Verfügung.

Im aktuellen Internetangebot des Parlamentsspiegels können öffentlich verfügbare Dokumente seit 1980 gesucht und über den Dokumentenabruf genutzt werden. Für den Zeitraum 1980 bis 1997 sind nur Initiativen von länderübergreifender Bedeutung nachgewiesen - zum Beispiel alle Gesetzentwürfe, die meisten Regierungserklärungen oder Großen Anfragen etc.

Neue Techniken erleichterten die Verarbeitung großer Datenmengen. Deshalb wurde beginnend mit dem Jahr 1997 die Beschränkung der Dokumente nach länderübergreifender Relevanz sukzessive eingestellt. Seit Herbst 2004 werden nunmehr alle Initiativen in das System aufgenommen. Vorgänge mit überregionaler Bedeutung werden zur Erleichterung der Suche aber weiter ausgewiesen.

2002 schieden der Bundestag und der Bundesrat aus dem Verbund aus. Seit 2002 wird auf die Erschließung der Dokumente der europäischen Gremien verzichtet. Im Internetangebot wird deshalb auf die entsprechenden Angebote des Bundes und der EU verlinkt.

Über die aktuellen Inhalte des Informationssystems informieren Sie die unter „Aktueller Bestand“ hinterlegten Listen.


Geschichte und Entwicklung

Ursprünglich trug eine wöchentlich erscheinende Fachbibliographie den Namen „Parlamentsspiegel“. Seit 1957 informierte diese Bibliographie über die Parlamentsarbeit im Bund und in den Ländern. Aus wirtschaftlichen Gründen stellte der Verlag 1964 allerdings die Herstellung ein. Da es damals nur ansatzweise Dokumentationen in den Parlamenten gab, war die Benutzung der Parlamentspapiere sehr eingeschränkt: Vor Ort waren die Dokumente zwar vorhanden, aber wegen der fehlenden Erschließung nur schwer auffindbar. Der Landtag NRW übernahm die „Dokumentation Parlamentsspiegel“ als Umlage finanziertes Gemeinschaftsprojekt. Den Landtagen wurden 14-tägig eine Schlagwortkartei und ein Jahresregister geliefert. Bis heute ist der Parlamentsspiegel beim Landtag NRW angesiedelt. Aufgaben und Arbeitsweisen haben sich allerdings stark verändert.

In den 70er Jahren entwickelte sich die Parlamentsdokumentation als eigene Disziplin. Voraussetzung der länderübergreifenden Zusammenarbeit der Landtagsdokumentationen war die Vereinheitlichung der Parlamentspapiere und deren Erschließung. Seit 1978 existiert mit DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialien), das von der Bundestagsverwaltung entwickelt worden war, ein verbindliches Dokumentationskonzept für alle deutschen Parlamente. Zu den Grundsätzen dieses Modells gehört im Wesentlichen  die Verwendung des genormten Wortguts des Thesaurus PARTHES, die Zusammenführung aller zu einem parlamentarischen Beratungsgegenstand gehörenden Dokumente zu einem Vorgang und die Darstellung der Ergebnisse in Karteien und Registern. Bereits bei der Erarbeitung des Modells wurde darauf geachtet, dass es auch in EDV-Systemen einsetzbar ist.

Zeitnah konnte die „Zentraldokumentation Parlamentsspiegel“ – so die offizielle Benennung seit 1979 - DV-gestützte Verfahren aufbauen. Bereits 1980 wurde das gedruckt erscheinende Jahresregister durch eine Mikrofiche-Ausgabe ergänzt, die vierzehntägig ausgeliefert wurde. Mit dem Aufbau des Retrieval-Systems GOLEM wurde die Möglichkeit zum direkten Zugriff auf die Dokumentationsergebnisse eröffnet. Der Einsatz dieser Datenbank verbesserte die Recherchemöglichkeiten enorm. Damit standen – nach den Maßstäben der Zeit -  den Landtagen hochaktuelle Dokumentationsergebnisse zur Verfügung.

Da die Landtage immer mehr Parlamentspapiere produzierten und inzwischen eigene Dokumentationsstellen aufgebaut hatten, mussten die Aufgaben angepasst werden. Der Parlamentsspiegel konzentrierte sich nunmehr verstärkt auf die Belange mit überregionaler Bedeutung. Hierzu wurde das Prinzip der „Selektion nach interparlamentarischer Relevanz“ (SiR) eingeführt. Es wurden also nur noch Materialien erfasst, die auch außerhalb des Ursprungslandes von Interesse sind.

In seiner weiteren Entwicklung hat der Parlamentsspiegel sehr davon profitiert, dass der Landtag NRW bereits 1986 mit der Digitalisierung der Parlamentspapiere begonnen hat. Den Benutzern stehen damit nicht nur die Nachweisdatenbank, sondern auch die Texte selbst zur Verfügung. Überhaupt rückten Fragen der benutzerfreundlichen Handhabung zunehmend in den Blick, da die spezialisierten Dokumentationsverfahren für Laien oft nur schwer nachvollziehbar sind.

Nahezu reibungslos verlief die Integration der Dokumentationsstellen der neuen Bundesländer im Zuge der deutschen Einigung, so dass weiterhin die bundesweiten Standards gehalten werden konnten.

Mitte der 90er Jahre lösten die neuen Internettechnologien einen Umbruch aus. Gedruckte Register und Mikrofiches wurden als Medien obsolet und ihre Produktion eingestellt. Im Sinne einer bundesweiten Vereinheitlichung der IT-Verfahren wurden 1994 wichtige Grundsatzbeschlüsse gefasst. Hierzu gehörte auch, dass die Parlamentspapiere nicht mehr von einer Zentralredaktion erschlossen werden. Vielmehr werden die dezentral in den Landtagen vorhandenen Dokumentationsergebnisse in einem gemeinsamen „Integrierten Informationssystem Parlamentsspiegel“ bereitgestellt. In den letzten 40 Jahren hat sich der Parlamentsspiegel so von einer Zentraldokumentation zu einer Zentralredaktion gewandelt.


Literatur in Auswahl

Wolfgang Gärtner, Parlamentsspiegel im Wandel. Die Entwicklung des Parlamentsdokumentationssystems von 1957 bis 2006, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen 42(2011) Nr.2, S. 384-397.

Guido Köhler, Brigitte Corves, Integriertes Parlamentsinformationssystem Parlamentsspiegel. Ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Landesparlamente, in: Information und Technik Nordrhein-Westfalen, LDVZ-Nachrichten 6, Nr. 2 (2005), s. 3-4.

Thomas A. Schröder, Parlament und Information. Die Geschichte der Parlamentsdokumentation in Deutschland (Potsdamer Studien Band 12), Potsdam 1998, S. 118 – 129.

Alois Vogel, 30 Jahre Zentraldokumentation Parlamentsspiegel beim Landtag Nordrhein-Westfalen, in: Der Archivar 47 (1994), S. 270-281.